Wir sitzen auf dem Trockenen (Badische Zeitung, 16.03.2021)

Für die Wasserballer ist es ein trauriges Jubiläum: Vor einem Jahr hat die SSG Weil ihr letztes Spiel bestritten. Seitdem herrscht Stillstand, nicht mal Training war möglich. Gibt es eine Perspektive?

Seit März 2020 ist das Laguna in Weil geschlossen, auch für die SSG-Wasserballer um Routinier Jürgen Wittner. Foto: Gerd Gründl
Seit März 2020 ist das Laguna in Weil geschlossen, auch für die SSG-Wasserballer um Routinier Jürgen Wittner. Foto: Gerd Gründl

Es war eigentlich alles wie immer, an jenem 12. März 2020. Außergewöhnlich war für die Bezirksliga-Wasserballer der SSG Weil höchstens der Spieltermin: ein Donnerstagabend. Doch ansonsten versprühte das Weiler Lagunabad die gewohnte Vertrautheit, und die SSG agierte heimstark und torgefährlich wie eh und je. Als Kapitän Pio Reuter und seine Teamkollegen nach dem 23:20-Sieg gegen den SSV Freiburg II das Laguna verließen, konnten sie nicht ahnen, dass es bis heute ihr letzter Auftritt als Mannschaft sein sollte. "Wir sitzen auf dem Trockenen", sagt Reuter ein Jahr später.

 

Seit dem 17. März des vergangenen Jahres ist das Laguna geschlossen. Mit dem ersten Lockdown zog die Pandemie binnen weniger Tage in vielen Lebensbereichen den Stöpsel. Doch während seitdem in fast allen Sportarten zumindest phasenweise wieder das Wasser des Trainings- und Spielbetriebs die Mühlen des Vereinslebens mal mehr, mal weniger kräftig antreibt, können die Weiler Wasserballer noch so sehr den Hahn aufdrehen – es tröpfelt nicht einmal. Die einjährige Auszeit beschert ihnen nahezu ein Alleinstellungsmerkmal im regionalen Sport, wie auch dem Gesamtverein.

 

Lediglich die Weiler Kleinschwimmhalle war kurzzeitig geöffnet

 

Normalerweise würden die Wasserballer und Wettkampfschwimmer der SSG an drei Tagen die Woche im Hallenbad trainieren. Im September und Oktober konnte der Verein wenigstens wieder die Weiler Kleinschwimmhalle nutzen, "für einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen", sagt der Vereinsvorsitzende Tobias Brodda. So waren immerhin Termine für die Schwimmschule möglich.

 

Das Mannschaftsleben der Wasserballer hat sich notgedrungen verlagert: raus aus dem nassen ins digitale Element. Reuter & Co. halten Kontakt über die gemeinsame Whatsapp-Gruppe. Jedoch zehrt die Zwangspause, gepaart mit der weiterhin fehlenden Perspektive, an der Motivation. "Inzwischen ist es mühsam. Es fällt schwerer, sich fit zu halten", gesteht Reuter, der im Krafttraining eine sportliche Überrückung gefunden hat.

 

Zwei SSG-Spieler hatten zwischenzeitlich immerhin die Chance, sich ins Wasserball-Exil in die Schweiz zu begeben. Dort konnten sie zweimal die Woche bei der Frauenmannschaft des WSV Basel mittrainieren – deren Coach ist SSG-Spieler Michel Grasso. Und als Erstligist dürfe Basel nun wohl wieder in den Trainingsbetrieb zurückkehren, so Reuter.

 

In der Schweiz öffnet sich folglich eine Perspektive – wie ist diese für das Laguna? Brodda entfährt ein sanftes, verzweifeltes Lachen. "Wenn ich das wüsste", sagt der SSG-Vorstand, der in Kontakt mit dem Betreiber und der Stadt steht. Von den aktuellen Lockerungen profitieren die Wassersportler nicht, Schwimmbäder bleiben geschlossen. Kürzlich äußerte Laguna-Geschäftsführer Carl-Stephan Matti, dass er eine Öffnungsperspektive für das Hallenbad eher in weiterer Ferne sieht.

 

An Brodda treten regelmäßig Mitglieder heran, fragen nach Trainingsoptionen und nach dem Laguna. Zwar werde vereinzelt auch ein Austritt erwogen, doch in persönlichen Gesprächen konnte der Vereinschef bisher erfolgreich um Verständnis und Geduld werben. "Wir haben großes Glück, dass uns unsere Mitglieder die Treue halten", sagt Brodda.

 

Bei den SSG-Wasserballern ist auch der Nachwuchs zum Zuschauen verdammt. Dort gebe es prinzipiell genügend Spieler, so Reuter, auch wenn es in den Altersklassen aktuell meist nicht reicht, eine Mannschaft zu melden. Doch die Basis ist vorhanden. Problematisch wird es, wenn die Junioren älter werden und sich dann oft für andere Sportarten entscheiden. Und der Sprung zum Männer-Wasserball "ist für junge Spieler schon recht groß".

 

"Wenn das Laguna aufmacht, müssen wir uns wieder herantasten."

Teamkapitän Pio Reuter

 

In der vergangenen Saison hatte der Bezirksligist den Wiederaufstieg angepeilt, nach dem Abbruch "hätten wir theoretisch aufsteigen können", sagt Reuter. Doch Weil verzichtete, "wir wollten erst schauen, wie es sich entwickelt". Heuer ist die Runde ausgesetzt, für die SSG besteht ohnehin die primäre Hürde der Trainings- und Wettkampfstätte. "Wenn das Laguna aufmacht, müssen wir uns wieder herantasten", findet der Teamkapitän.

 

Er zeigt sich zuversichtlich, dass sich bei einem Re-Start mindestens "der harte Kern zusammenraufen kann". Technisch ist das routinierte Team versiert, mit Blick auf die Fitness ließe sich mittels Durchschnittszeiten über 50 Meter samt Wiederholungen "relativ leicht erkennen, wo man steht", sagt Reuter. Dazu braucht es aber in erster Linie zwei Dinge: ein geöffnetes Bad und ein Becken voller Wasser.